Die Zürcher Tamedia legt in Bern die Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Bund» zusammen und streicht voraussichtlich 20 Vollzeitstellen. Die beiden Titel sollen aber eigenständig bleiben. Das hat das zur TX Group gehörende Unternehmen am Donnerstag bekanntgegeben.
Laut einer Mitteilung wird die Neuorganisation in den kommenden Monaten unter Einbezug der Redaktionen näher definiert. Der Stellenabbau werde von den Ergebnissen dieser Konsultation abhängen. Er soll soweit wie möglich über die natürliche Fluktuation erfolgen. Andernfalls kommt ein Sozialplan zur Anwendung.
Unterschiedliche Zielgruppen
Tamedia will trotz Zusammenführung der beiden Redaktionen die zwei Titel «Berner Zeitung» und «Bund» als separate Angebote weiterführen. Die beiden Zeitungen sollen je ihr eigenes Publikum ansprechen.
Der «Bund» soll seinen Meinungs- und Debattenteil stärken und die breitere Ausland- sowie Kulturberichterstattung aufweisen, während die «Berner Zeitung» auf eine umfassendere Regionalberichterstattung sowie den Sport setzt.
Zur Chefredaktion der neuen Redaktion gehören Simon Bärtschi (Gesamtleitung, Chefredaktor «Berner Zeitung»), Patrick Feuz (Chefredaktor «Der Bund»), Regula Fuchs (Kultur, Aus- und Weiterbildung) sowie Wolf Röcken (Tagesleitungen und Newsmanagement).
Darüber hinaus will Tamedia unter der Leitung von Patrick Feuz das Thema Meinungen und Debatte für die urbanen Titel «Der Bund», «Basler Zeitung» und «Tages-Anzeiger» neu konzipieren.
Syndicom: Abbau «ohne Not»
Laut der Gewerkschaft Syndicom bedeutet der Abbau von 20 Stellen die Streichung von rund einem Drittel der heute insgesamt 70 Vollzeitstellen bei den beiden Zeitungen. Der Abbau erfolge «ohne Not». Denn Tamedia habe im vergangenen «Krisenjahr» auf Stufe Ebitda einen Gewinn von elf Millionen Franken erzielt.
Syndicom fordert, dass Tamedia die Entlassungen auf ein Minimum reduziert und für den nicht vermeidbaren Teil des Abbaus «zu einem fairen Sozialplan Hand bietet».
Ende des «Berner Modells»
Ende Oktober des vergangenen Jahres hatte Tamedia angekündigt, dass «Bund» und «Berner Zeitung» künftig enger zusammenarbeiten müssen. Zuvor hatte die TX Group bekanntgegeben, nach einem Verlust von 106 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2020 gelte es, mehrere Dutzend journalistische Stellen abzubauen.
Das werde das Ende des sogenannten «Berner Modells» bedeuten, prognostizierten die Gewerkschaften und andere Beobachter damals. Gemeint ist mit «Berner Modell», dass zwei Zeitungen unabhängig voneinander beispielsweise über wichtige politische Themen oder bedeutende kulturelle Ereignisse berichten und somit eine Meinungs- und Themenvielfalt herrscht.
Im Februar dieses Jahres hiess es dann, die in Bern ansässige Bewegung «Courage civil» prüfe, in der Bundesstadt ein neues Online-Magazin zu gründen. Es gelte, einen «Einheitsbrei» zu vermeiden.
(sda/gku)